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Die gesetzliche Pension hat ein Imageproblem. Rund 16 Milliarden Euro muss der Bund dieses Jahr aus dem Haushalt in die Pensionskassen zuschießen. Ein Skandal, finden viele. Spätestens wenn die Babyboomer in zehn Jahren in Rente gehen, sei das nicht mehr finanzierbar, hört man häufig. Und dann ist da noch die junge Generation, die zunehmend das Vertrauen in das Pensionssystem verliert. „Für uns gibt es eh kaum noch eine Pension“, befürchten die Jungen.
Ein Blick auf die Fakten aber zeigt: Diese drei Vorwürfe hat die gesetzliche Pension gar nicht verdient.
#1: Pensionszuschuss explodiert?
Anders als häufig behauptet, läuft der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt nicht aus dem Ruder. Zwar wird die absolute Zahl jedes Jahr größer. Aber: Das liegt vor allem daran, dass alle nominalen Zahlungen jedes Jahr größer werden, weil Preise steigen und die Wirtschaft wächst. Setzt man den Zuschuss ins Verhältnis zum Haushalt oder zur gesamten Wirtschaftsleistung, ergibt sich ein anderes Bild. 2013 machte der Pensionszuschuss rund 13,8 Prozent des Bundeshaushaltes aus, heute sind es 14 Prozent. Der Anteil am Haushalt ist also seit 2013 recht stabil.
Das bestätigt auch der aktuelle Ageing Report 2024 (AR 2024) der EU-Kommission neuerlich. Während sich der Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren von 18,2% (2013) bis 2070 auf 29,9 % um 64% erhöht, steigt der Anteil der Pensionsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) im selben Zeitraum gerade einmal um 0,2 Prozentpunkte von 13,8% (2013) auf 14,0 % (2070).
Trotz der steigenden Lebenserwartung und dem wachsenden Anteil von ab 65-Jährigen an der Bevölkerung steigen die Pensionsausgaben nur sehr moderat.
#2: Für uns gibt es eh keine Pension?
Wie oft hört und liest man, dass die junge Generation der Pension nicht mehr traut? Sätze wie „Für uns gibt es eh keine Pension“ gelten als Konsens, sind aber ungerechtfertigt. Was das gesetzliche Umlagesystem in 40 Jahren zu leisten im Stande und wie hoch dann das Pensionsniveau sein wird, hängt davon ab, wie die Wirtschaft läuft, wie viel produktiver wir werden, wie viel Zuwanderung es gibt, welche politischen Entscheidungen getroffen werden und natürlich: wie groß die nachfolgenden Generationen werden. Also: lauter großer Fragezeichen.
Vergessen wird dabei häufig, dass die Pension eine Verteilungsfrage ist. Und wahrscheinlich ist es so, dass es 2065 mehr zu verteilen gibt als heute – und das obendrein noch an eine kleinere Bevölkerung. Warum? Weil die Wirtschaft produktiver sein wird als heute.
Die derzeitige Herausforderung der Pensionsversicherung liegt an der nahezu einmaligen Situation, dass die Babyboomer so eine große Generation und damit ein demographischer Ausreißer sind. Und sie wird verschlimmert dadurch, dass die Produktivität der Wirtschaft seit Jahren lahmt und die Einkommen so ungleich verteilt sind. Um weniger Sorgen wegen der Rente zu haben, sollte die Jungen von der Politik also eine florierende und innovative Wirtschaft mit gerechterer Einkommensverteilung fordern. Darauf kommt es nämlich an!
#3: Kinder an die Börse?
Doch was bekommen die Jungen stattdessen? Aktiendepots aufgeschwätzt!
Nur: Das hilft leider wenig für eine florierende und innovative Wirtschaft. Im Gegenteil: Wenn die Politik die Verbraucher zum Sparen bringt, entzieht sie der Wirtschaft Nachfrage. Das bremst das Wachstum, sorgt für Arbeitslosigkeit, verhindert Investitionen und lahmt so den dringend benötigten Produktivitätsfortschritt. Ein Eigentor, könnte man sagen.
Auch eine kapitalgedeckte Pension kommt nicht umhin, dass die Pension eben maßgeblich ein Verteilungsproblem ist. Je größer die Wirtschaftsleistung, desto bessere Pensionen lassen sich finanzieren. Kindern schon Aktien ins Depot gelegt werden, wenn sie das Wort nicht einmal buchstabieren können, ändert daran wenig.
Einziger Vorteil von einer Aktien-Pension: Man greift auf Gewinne von ausländischen Firmen zurück. Es wird also nicht nur die österreichische Wirtschaftsleistung als Verteilungsmasse angezapft, sondern auch die von anderen Ländern. Weltweit ist das aber ein Nullsummenspiel. Die Weltbevölkerung kann sich nur als Pension auszahlen, was sie vorher verdient hat; und nur konsumieren, was sie produziert.
Aber: Wenn die Welt ihre Einkommen an die Finanzmärkte schleppt und dort spart, anstatt sie auszugeben, sinkt im nächsten Moment die Produktion, weil es den Unternehmen an Nachfrage fehlt und sie ihre Güter nicht absetzen können. Heißt: Der Kuchen, der an die Rentner weltweit verteilt werden kann, wird kleiner.
Womit wir zu einer letzten, aber entscheidenden Einsicht gelangen: Pensionisten können mit ihrer Pension nur kaufen, was die Erwerbstätigen produzieren. Der Kern des Pensionsproblems ist nicht das Geld, sondern die Versorgung mit Gütern. Auf den Arbeitsmarkt umgelegt: Produzieren wir genug, um bald auch mit weniger Erwerbstätigen mehr Pensionisten zu versorgen?